Von Claudia Pelzer/ Crowdsourcingblog.de
Der Begriff Crowdsourcing wurde 2006 erstmals durch Jeff Howe vom Wired Magazine geprägt und beschreibt (wie die Wortzusammensetzung bereits vermuten lässt) das Outsourcen von Aufgaben, Fragestellungen und Kreativleistungen an eine undefinierte Masse von Menschen. Als Wiege der existenten Crowdsourcing-Mechanismen kann unter andrem die Open-Source Bewegung gesehen werden – ein Phänomen, aus dem letztlich Produkte wie Linux oder Firefox hervorgingen.
Bei den meisten Crowdsourcing Projekten sind aber seltener Experten wie Programmierer am Werk, als vielmehr eine disperse Masse an Menschen, die eventuell ein gemeinsames Interesse oder Hobby verbindet. Diese teils überaus begabte Armada von Amateuren (was hier in keiner Weise abwertend gemeint ist) kann sich – im Web 2.0 einfacher denn je – in Gruppen und Foren zusammenfinden, austauschen, und im besten Falle ihre Passion zur (Teilzeit) Berufung machen. Als Motivator der Massen dient dabei in den seltensten Fällen ein monetärer Gegenwert. Die Anerkennung der Community ist das was zählt: sich mit anderen zu messen (Stichwort: Gamification), Lob und vielleicht die Aussicht auf ein kleines bisschen Ruhm unter Gleichgesinnten reichen oftmals als Antrieb.
Demokratische Organisationsstrukturen
Durch das auslagern an die Crowd entstehen neue Organisations-Strukturen, die eher einem belebten Bazar entsprechen, als einer hierarchischen Struktur. Effektives Crowdsourcing erlaubt, eine vormals unüberwindbare Masse an Tasks zu bewältigen, wie z.B. die Bewertung und Kategorisierung von Web Inhalten. Umfangreichere Aufgabenstellungen und Prozesse dagegen müssen erst in kleinere Arbeitsschritte zerlegt werden, bevor die Crowd aktiv werden kann. Ob Bewusst oder unbewusst, fremdgesteuert oder aus eigenem Impuls entsteht auf diese Weise nicht nur ein gigantischer Pool an Wissen und Content, sondern auch eine Ordnung im unüberschaubaren Dickicht des Web. Aber auch Transparenz und Nachhaltigkeit werden dadurch befördert.
betterplace.org – so spendet man heute
Im Zuge der fortschreitenden Demokratisierung des Web haben sich immer mehr Crowdfunding Plattformen herausgebildet, die eine gemeinnützige, nachhaltige Ausrichtung verfolgen. Eine von Ihnen ist betterplace.org. Im letzten Jahr hat das Unternehmen über 2,5 Millionen Euro Spenden gesammelt. Auch wenn die Spendenbereitschaft für akute Katastrophen (wie derzeit die Hungersnot in Ost-Afrika) dabei natürlich überwiegt, so schafft es betterplace.org immer wieder auch den ‘Long Tail’ zu bedienen. Nämlich kleine Projekte, die auf nachhaltige Hilfe abzielen – oft auch in Regionen, deren Missstände keine breite Medienberichterstattung aufgreift. Zusätzliche Spendeneinnahmen werden über Kooperationen wie beispielsweise mit Payback generiert.
betterplace.org wird betrieben von der gemeinnützigen Aktiengesellschaft (gAG) gut.org. Die Idee entstand damals, 2006 in Berlin – allerdings von unterschiedlichen Menschen. Sowohl Till Behnke, als auch Joana und Stephan Breidenbach kamen von einem längeren Auslandsaufenthalt zurück und wollten eine neuartige Hilfsplattform etablieren. Da lag nichts näher, als sich zusammenzuschließen. Später stießen auch weitere Unterstützer und Gesellschafter, wie Bernd Kundrun (Vorstandsvorsitzender von Gruner + Jahr) und Jörg Rheinboldt (Gründer von alando.de) hinzu. Die Plattform garantiert, dass 100 Prozent aller privaten Spenden ohne Abzüge weitergegeben werden. Neben der privaten Finanzierung über insgesamt acht Mäzene (Aktionäre der gAG) und weitere Förderer lebt betterplace.org von freiwilligen ‘Trinkgeldern’, die zusätzlich zu den Spenden in Höhe von 0 Prozent bis 15 Prozent der Spenden-Summe abgegeben werden können (aber nicht müssen). Ganz im Sinne der Online Philanthropie eben.
Change by Us – Die Stadt New York praktiziert Nachhaltigkeit für die Bürger
Neben Geld kann die Crowd auch Ideen einbringen, die zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensstandards beitragen. ‘Change by Us NYC’ ist beispielsweise ein Projekt der Stadt New York, auf dessen Website Bürger nicht nur Ideen einreichen, sondern auch gleich mit deren Umsetzung beginnen können. Die so entstandenen Projektinitiativen drehen sich grundsätzlich um alles, was die Stadt New York lebenswerter macht, vorrangig aber um Themen wie die Pflege des Stadtbilds, Grünflächen usw. Auf der öffentlichen Pinnwand oben auf der Website finden sich auf den bunten Post-its bereits zahlreiche Vorschläge und Wünsche. Die Ideen reichen dabei von ‘mehr Bäume und Parks in Harlem’, bis hin zu ‘mehr Solarpanels auf öffentlichen Gebäuden’ oder ‘mehr Fahrradwege im Stadtgebiet’.
Nutzer können darüber hinaus eigene Projekte konzipieren und nach Mitstreitern suchen, oder sich bereits bestehenden Projektinitiativen in ihrer Nachbarschaft anschließen. Die Site vermittelt außerdem den Zugang zu öffentlichen Ressourcen und non-Profit Organisationen. Gefördert ist das Projekt unter anderem von Stiftungen wie der Rockefeller Foundation. Change by Us verbindet überaus erfolgreich die Themen Open Government, Partizipation und` fassen wir es einfach mal unter dem Begriff ‘grün’ zusammen. Hier finden sich unter anderem Projekte wie harlemguarden.org, die ihre Stadtviertel um kleine Gemüsegärten bereichern.
http://www.Crowdsourcingblog.de
http://www.betterplace.org
http://nyc.changeby.us
Claudia Pelzer ist Medien-Ökonomin, hat ein internationales MBA-Studium absolviert und promoviert zum
Thema Crowdsourcing. Sie arbeitet in Köln als Beraterin, Autorin und Bloggerin, verfasst Studien und organisiert verschiedene Branchenevents. Ihr Interessenschwerpunkt liegt dabei auf neuen Trends und Strömungen im Medienbereich und deren Auswirkungen auf die Branche. Mit ihrer Plattform Crowdsourcingblog.de hat sie einen
Informationsknotenpunkt rund um Themen wie Crowdsourcing, Crowdfunding und innovative Arbeitsformen
geschaffen. Sie ist Gründerin und Vorstandsvorsitzende des Deutschen Crowdsourcing Verband (DCV) e.V.
claudia.pelzer@crowdsourcingblog.de
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