KonsumGlobal – Ein konsumkritischer Spaziergang durch die Bonner Innenstadt
Bonn, Innenstadt, den 02.04.2009 von Frauke Peters
Für meinen letzten Tag im Rahmenprogramm der UNESCO Weltkonferenz habe ich mir ein ganz besonderes Projekt vorgenommen. Zusammen mit einigen Besuchern der Konferenz werde ich an einem konsumkritischen Spaziergang durch die Bonner Innenstadt teilnehmen. Der Treffpunkt auf Münsterplatz ist schnell ausgemacht, denn Frau Bantle steht mit dem bunt beklebten Handwagen schon bereit. Hierin befinden sich die Materialien für die einzelnen Stationen, die wir im Laufe des Rundgangs besuchen werden. Ich bin gespannt. Für uns wird heute vor allem das Konzept des Spazierganges im Vordergrund stehen, aber auch wir werden einen „realen“ Spaziergang unternehmen und einige Stationen durchspielen.
Normalerweise richtet sich die konsumorientierte Stadtführung an Jugendliche und junge Erwachsene. Zusammen mit ihnen geht ein „KonsumGlobal Stadtführer“ des gleichen Alters durch die Einkaufsstraße einer Stadt. Angesteuert werden vor allem die großen Handelsketten. Da sich das Konzept an Jugendliche wendet, sind auch die einzelnen Stationen auf Waren ausgelegt, die hauptsächlich von dieser Zielgruppe konsumiert werden. In interaktiven Stationen erfahren die Jugendlichen vieles über die globale Zusammenhänge, Produktionsbedingungen und Werbestrategien der angebotenen Produkte. Der Rundgang endet immer in einem Eine-Welt-Laden, in dem die Jugendlichen sich umsehen können, etwas über Fairen Handel erfahren und meist auch noch einige Produkte probieren können. Denn die Scheu einen Eine-Welt-Laden tatsächlich einmal zu betreten ist groß, erzählt Frau Bantle. Oft vermuten die Jugendlichen überteuerte, schlecht schmeckende Waren und das Erstaunen ist groß, wenn sie bei der Schokoladenverkostung merken, dass fair gehandelte Schokolade sehr lecker ist und auch nicht viel mehr kostet als konventionelle Markenschokolade.
Soweit aber die Theorie. Nun soll es auch für uns losgehen und so finden wir uns schon bald vor einem Laden einer Sportschuhkette wieder. Schade, dass nur so wenige Konferenzbesucher diese Veranstaltung besuchen, denke ich noch, als wir unseren Spaziergang beginnen. Aber schon bei der ersten Station wird deutlich, dass wir uns über die öffentliche Aufmerksamkeit keine Sorgen machen müssen: Immer wieder bleiben interessierte Menschen und vor allem auch Jugendliche, die eigentliche Zielgruppe dieses Projektes, stehen und nehmen sogar aktiv teil. Durch ein Sportschuhpuzzle, dessen unterschiedlich große Teile den Gewinn der an der Produktion eines Sportschuhs beteiligten Gruppen repräsentieren, wird plastisch sehr gut deutlich, wohin die Gewinne fließen. Zum Schluss bleibt ein ganz kleines Feld im Puzzle frei. Hierbei handelt es sich um das Geld, das die Person, die den Schuh tatsächlich herstellt, bekommt.
Auch an der zweiten Station vor einer großen Kaffeekette gibt es eine ähnlich deutliche Präsentation. Die Produktionsbedingungen in den Kaffeeanbauländern werden besprochen. Einer der Teilnehmer wird mit der Schutzkleidung versehen, die, jedenfalls in der Theorie, von den Bauern getragen werden soll, um sich vor den Auswirkungen von Pestiziden zu schützen. Der dünne Papieranzug und die anderen Schutzmaßnahmen, wie Brille und Handschuhe zeigen einerseits, dass das Tragen dieser Kleidung während der Arbeit nicht wirklich praktikabel ist und der Nutzen andererseits sehr fragwürdig.
Besonders beeindruckt bin ich von der sehr durchdachten und anschaulichen gemachten Umsetzung der Fakten. Immer werden die Teilnehmer einbezogen und die Präsentation ist nicht nur sehr anschaulich, sondern auch mitreißend. „Zu beginn eines Rundgangs sind die Jugendlichen oft noch ablehnend, aber im Laufe des Spazierganges werden sie immer emphatischer und interessieren sich sehr für das Thema.“ Erzählt Frau Bantle, die selbst eine erfahrene KonsumGlobal Stadtführerin ist und auch an der konzeptuellen Umsetzung des Projekts beteiligt ist.
Ins Leben gerufen wurde dieses Projekt von der Jugendorganisation Janun in Niedersachsen. Durch die Zusammenarbeit mit der der BUND Jugend werden mittlerweile in immer mehr Deutschen Städten konsumkritische Stadtführungen angeboten.
Auch unsere Stadtführung endet in einem Eine-Welt-Laden, wo auch wir eine kleine Schokoladenverkostung genießen dürfen. Und wenn ich nicht schon gewusst hätte, wie gut fairgehandelte Schokolade schmeckt, spätestens jetzt wäre ich überzeugt!
Anschließend konnte ich noch ein Interview mit Frau Bantle führen, die zusammen mit anderen Jugendlichen von Janun das Konzept der KonumGlobal Stadtführungen entworfen hat. Klicken Sie hier, um sich das Interview anzuhören.
Tags: Ökonomie, Sozial, UNESCO, Weltkonferenz