Medienökologie reloaded

Betrachtet man das gesamte tägliche Zeitbudget der bundesdeutschen für die Mediennutzung in den letzen vierzig Jahren, kann man festhalten: Mehr geht nicht, nur noch weniger. Der Medienkonsum der Bundesbürger ist im Laufe der Jahrzehnte stetig angewachsen – bis auf zehn Stunden (600 Minuten) täglich. Er scheint mittlerweile an zeitliche Grenzen zu stoßen. Für das Jahr 2010 kommen ARD-/ZDF  „nur noch“ auf 583 Minuten (brutto), die an einem Durchschnittstag den verschiedenen Medien gewidmet wurden.

Immer wichtiger werden dabei die Online-Medien. Laut der aktuellen ARD-/ZDF-Online Studie 2011 sind 73,3 Prozent der Bevölkerung (2010: 69,4%) online, also lediglich jede(r) Vierte offline. Und es dürften noch mehr werden. Längst verschiebt sich die Frage nach dem „digitalen Graben“ von quantitativen zu qualitativen Fragen. Cloud Computing bedeutet, dass mehr im Netz – in der Wolke – gearbeitet und gelebt wird. Das hat seinen Preis, weil der Zugang jedes Mal Energieverbrauch bedeutet. Kosten für Hardware und Infrastruktur kommen hinzu – von den sozialen Kosten ganz zu schweigen.

(c) 	Dr. Klaus-Uwe Gerhardt  / pixelio.de

(c) Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de

Ein Zehntel des Stromverbrauchs in Deutschland geht mittlerweile auf die Informations- und Kommunikationstechnik zurück. Das verursacht rund 33 Millionen Tonnen des Klimagases CO2 pro Jahr (Stand 2009). Allein die Herstellung eines PCs mit Monitor kostet etwa 2,79 kWh Energie. Dabei werden 850 kg Treibhausgase frei. Bei der Produktion werden zudem 1500 Liter Wasser verbraucht und rund 23 Kilogramm verschiedener Chemikalien! Aber auch das Surfen bedeutet Energieverbrauch: Schätzungen zufolge verbraucht eine Google-Anfrage durchschnittlich so viel Strom wie eine Energiesparlampe in einer Stunde (4 Watt). Eine virtuelle Identität in dem Computerspiel Second Life verbraucht etwa 1.700 kWh im Jahr; das entspricht dem jährlichen Stromverbrauch eines Einpersonenhaushaltes in Deutschland. Dies (und mehr) ist nachzulesen in der Broschüre „Computer, Internet und Co – Geld sparen und Klima schützen“ , die im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) erstellt wurde und kostenlos im Internet herunter geladen werden kann. Die mögliche Gefahr von elektromagnetischer Strahlung kommt hinzu, belegt eine neue Bewertung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Wissenschaftler hatten mehrere Untersuchungen ausgewertet, die den Zusammenhang zwischen hochfrequenter, elektromagnetische Strahlung und dem Krebsrisiko unter die Lupe nahmen.

Unlängst hat Greenpeace Unternehmen wie Amazon, Google, Facebook, Twitter und Yahoo untersucht und neben der Transparenz im Hinblick auf deren energiepolitische Entscheidungen – ihren „energy footprint“ – erhoben; die Spuren (und Schäden) also, die  Google, Facebook und Co durch ihre Energiepolitik in der Umwelt hinterlassen haben (Greenpeace 2011 „How Dirty Is Your Data?“). Für den Ratgeber „Guide To Greener Electronics“ wurden alle großen Elektronikhersteller durch Greenpeace einem Umweltcheck unterzogen. Bewertet wurden unter anderem die Verwendung und Freisetzung von Giftstoffen bei der Herstellung und Entsorgung der Produkte, die Recyclebarkeit der Geräte und die Klimafreundlichkeit bei deren Herstellung.  Da die Produktion von Elektrogeräten in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen hat, ist der daraus entstehende Elektroschritt mittlerweile zu einem internationalen Problem geworden. Häufig wird dieses Müllproblem illegal in Länder wie Indien und China exportiert, wo die teilweise wertvollen Metall- und Kunststoffanteile zurück gewonnen werden sollen. Dabei werden jedoch auch Giftstoffe freigesetzt, die die Gesundheit der Arbeiter in Indien und China stark belasten. Diesen Zusammenhang ist eine weitere Greenpeace-Studie nachgegangen, die als Konsequenz eine giftfreie und nachhaltigere Elektronikproduktion fordert.

(c) Frank Radel  / pixelio.de

(c) Frank Radel / pixelio.de

Konsumentenverantwortung

Welche Möglichkeit haben Privathaushalte, mit Computer und Co. Geld zu sparen und die Umwelt zu schützen?

  • Eine bewusste Kaufentscheidung zugunsten energiesparender Geräte und deren intelligenter Nutzung entlastet die Umwelt. Ein Notebook oder ein passendes Netbook verbrauchen bis zu 70 Prozent weniger Energie als vergleichbare Desktop-PCs und sind dabei auch noch leicht, kompakt und handlich, rät etwa EcoTopTen.
  • Energie sparen lässt sich auch mit den „Energieoptionen“ der Software, die in der Regel nicht voreingestellt sind, also aktiv eingerichtet werden müssen.  Und wer die Geräte richtig ausschaltet – nicht auf „stand-by“-, kann ebenso Geld sparen. Mit einer schaltbaren Steckerleiste geht das ganz bequem (ebenda).
  • Nachrüsten kann umweltfreundlicher sein als der Kauf eines neuen Computers, weil dessen Herstellung sehr ressourcenintensiv ist und dabei erhebliche Mengen an umweltschädlichen Substanzen zum Einsatz kommen. Stellt sich die Frage: Wann lohnt das Aufrüsten? Anhaltspunkte liefert eine Übersicht in der Broschüre „Computer, Internet und Co – Geld sparen und Klima schützen“ (auf Seite 25).
  • Router für Telefon und Internet, die ständig am Netz sind, können den Strombedarf eines modernen Kühlschranks erreichen (ebenda, S. 35). Also nach dem Surfen ausschalten! Außerdem sollte der Internetanbieter auch unter ökologischen Kriterien ausgewählt werden, schnelle Internetverbindungen nutzen und nach Möglichkeit selber Strom aus erneuerbaren Energien beziehen.
  • Handys sind kein Kinderspielzeug, auch wenn sie unter Heranwachsenden besonders verbreitet sind. Daher: Strahlungsarme Handys nutzen, mit einem SAR-Wert unter 0,5 Watt/kg. Sie strahlen besonders beim Verbindungsaufbau, weshalb er unbedingt abgewartet werden sollte.

Eine weitere medienökolgische Option für die Alltagspraxis kommt hinzu; die Nutzung von ReCommerce-Plattformen. Sie heißen ReBuy, Momox, Zonzoo, WirKaufens, Flip4new oder Verkaufsuns.de. Sie kaufen gebrauchte und zum Teil defekte Produkte und Geräte an, bereiten sie wieder auf und verkaufen sie weiter. Eine Übersicht findet sich hier. Das vermindert den Bedarf an Rohstoffen und die defekte Geräte landen nicht im Hausmüll, sondern werden an entsprechende Recycling-Unternehmen weitergegeben. Einige spenden Anteile des Ankaufpreises sogar an wohltätige Organisationen nach Wahl (Zonzoo) oder arbeiten mit Spendenorganisation wie betterplace.org zusammen (WirKaufens).

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