„Vorfeiern!“ – Tag der Nachbarschaften in Köln
Man hatte sich viel vorgenommen für Köln Sülz. Am Ende ist aus einem Tag des guten Lebens ein Tag der Nachbarschaften geworden – und der ursprünglich geplante Tag des guten Lebens auf das kommende Jahr verschoben worden: Kleiner, feiner, Sülz? Nachdem am vergangenen Sonntag den 21. Sep. der vormittägliche Regen endlich vorbei und die Sonne am Nachmittag heraus kam, strömten Hunderte Menschen in den Südwesten Kölns.
Ziel der Initiative war und ist es, „den öffentlichen Raum selbst zu gestalten, ihn einfach nur zu erleben oder eigene Aktionen zu präsentieren: Nachbarn kennenlernen und zusammen frühstücken, Pflanzkisten vorbereiten, Bänke und Sofas raus stellen, kochen, einen Parkplatz begrünen oder ausprobieren, wie sich ein Lastenfahrrad fährt …“, so der Trägerverein Agora. Es ging und geht um die Konkretisierung dessen, was Nachhaltigkeit bedeuten kann und/oder ein gutes Leben. Und das ist mehr als ein autofreier Tag – die Rückeroberung des urbanen Raums für die Anwohner, die Etablierung eines anderen Miteinander, die Identifizierung von Freiräumen in der Großstadt oder auch kurz: erste Schritte der Transformation in Richtung Nachhaltigkeit.
Mix „mit Autos“
Was im benachbarten Stadtteil Ehrenfeld im vergangenen und in diesem Jahr bereits stattgefunden hat – ein Tag des guten Lebens unter Beteiligung der Ehrenfelder und unter Zuspruch von tausenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern – mündete am 21. September aus organisatorischen Gründen und „mit Autos“ in einen bunten Mix aus Brunchen und Tafeln mit Zufallsbuffet, Schnibbelpartys, dem selber backen, texten und verpacken von Glückskeksen auf offener Straße, dem Speed-Dating für Nachbarn und anderes mehr. Platz fanden die Aktionen in Hinterhöfen und Vorgärten, auf Bordsteinen und Freiflächen in Köln Sülz.
Davide Brocchi, der Initiator des gesamten Projektes „Tag des guten Lebens” und der Agora Köln, erklärte seine Motivation so: „Viele von uns leben in Sülz oder haben in Sülz gewohnt, da war es naheliegend, nach erfolgreichen Durchläufen in Ehrenfeld, direkt vor unserer Haustür weiter zu machen.“
Mehr Grün!
“Mehr Grün ins Veedel” war bspw. das Motto des Arbeitskreises Grün; das Aufzeigen von „Alternativen zur Geranienkultur“ in den vielen Balkonkübeln und in den Vorgärten. Zu diesem Zweck hatten sie Hunderte Pflanzen in kleinen Töpfen organisiert. Die Anwohner waren aufgefordert, sich die Pflanzen gegen eine kleine Spende abzuholen und vor ihrer Haustüre oder im nächsten Hinterhof zu pflanzen. Infos gab es gratis dazu. Am Abend waren alle Kisten leer und der dicht bebaute Stadtteil ein bißchen grüner.
In der Palanterstraße lud eine Hausgemeinschaft zum „Palanter-Gartenfrühstück” im Innenhof-Garten ein. Kommen sollten Freunde und die Nachbarschaft, um miteinander zu schwatzen, es sich einfach richtig nett zu machen und gemeinsam zu frühstücken. Dazu gab es noch etwas politisches Programm: „Uns beschäftigt die Frage: Was passiert in Sülz? Junge Familien, hippe Geschäfte, blumiges Flair – aber auch steigende Preise, Gentrifizierung, kein Platz mehr für Flüchtlinge und Multikulti!“ Ein versierter Stadtplaner lieferte Fakten, politische Funktionsträger wurden befragt. Live-Musik sorgte für Stimmung – hier und anderswo.
Das Trotzdem
Nach der Verschiebung des Tags des guten Lebens, avancierte Josie Kaiser schnell zum Gesicht der Veranstaltung, ohne die Organisatorin sein zu wollen, einfach weil sie eine offene Facebook-Gruppe gründete, um diejenigen Aktionen zu bündeln, die „trotzdem“ stattfinden sollten – über zwanzig, verteilt über den gesamten Stadtteil. „Ich wollte, das trotzdem etwas stattfindet, nachdem der eigentliche Tag verschoben wurde. Denn schnell merkte man, dass ganz viele einfach Lust darauf haben“, so Kaiser.
Und so strömten bis achtzehn Uhr – und teilweise darüber hinaus – Hunderte Menschen in den Südwesten Kölns. Die „Nicht-Organisatorin“ des Tag der Nachbarschaft stimmt das hoffnungsvoll, wie alle anderen auch, die ebenfalls mitgemacht haben: „Natürlich bin ich Ende Mai nächsten Jahres wieder mit dabei, heute war das für mich das Vorfeiern“, so Kaiser.
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