„Vom Marktmechanismus allein ist nicht mehr viel zu erwarten“
Gastbeitrag von Jacek Wisniowski, Digitales Aachen e.V.
Nach den großen Veränderungen die das Internet und die digitalen Medien in unserer Gesellschaft hervorgerufen haben erschien die Welt zunächst anders, schneller, hektischer. Diejenigen, die mit dieser Technologie aufgewachsen sind, betrachten diese Errungenschaften nicht als Spielzeug sondern als Kulturtechnologie. Blickt man heute auf unsere Welt so entsteht der Eindruck, dass mancher Politiker und einige Vertreter der Wirtschaft nicht verstanden haben, worum es bei Technik eigentlich geht: Sie soll dem Menschen dienen, nicht gegen Ihn arbeiten. In dem Buch „Wie wir arbeiten werden. Der neue Bericht an den Club of Rome“, das bereits im Jahre 1998 erschien, beschrieben die Autoren Orio Giarini und Patrick M. Liedtke die heutige Situation. „Vom Marktmechanismus allein ist nicht mehr viel zu erwarten“ ist eine der Kernaussagen. In den letzten 20 Jahren sind weit über 40 Vereine entstanden, in denen das „neue Denken“ gelebt wird.
Diese Vereine werden in der Szene Hackerspace, FabLab oder offenen Werkstatt genannt. Die offenen Werkstätten haben sich in einer Stiftung (http://www.offene-werkstaetten.org) zusammengeschlossen zu denen das FabLab in Aachen (http://hci.rwth-aachen.de/fablab), die Dingfabrik in Köln oder das GarageLab in Düsseldorf (http://garage-lab.de) gehören. Diese Vereine sind in der Regel unabhängig. Es gibt aber auch Ausnahmen: Das FabLab in Aachen wird von der Hochschule organisiert.
Menschen treffen sich um High-Tech-Projekte zu realisieren ohne sich für den Status oder die Ausbildung einer Person zu interessieren. Jeder darf mitmachen. Mangelt es an Wissen, hilft man sich gegenseitig. Nicht das Zeugnis, sondern Leidenschaft steht im Mittelpunkt. Ist Wissen vorhanden teilt man es. Bildung, Freizeit und Arbeit verschmelzen miteinander. Beim Basteln ist es naheliegend bereits Vorhandenes als Rohstoff einzusetzen. So werden aus alten Geräten Kunstgegenstände, aus Daten werden Objekte. Die FabLabs konstruieren aus Alltagsgegenständen 3D-Drucker mit denen sie beliebig geformte Objekte herstellen können. Diese 3D-Drucker kosten nicht viel. Das Fertigungsniveau dieser Vereine ist mittlerweile derart fortgeschritten, dass sogar Projekte auf Industrieniveau entstanden sind. Der Entwickler Paul Kocyla aus dem Verein Digitales Aachen e.V. hat einen kleinen Weltraum-Satelliten entwickelt, der im ersten Quartal des Jahres 2013 unseren Planeten umkreist. Die Dingfabrik in Köln hat einen CNC- Laserschneider gebaut mit dem dünne Matten, Holz und andere Stoffe computergesteuert bearbeitet werden können. Allein die Kreativität ist die Schaffensgrenze, nicht das Geld oder das Material. Denn gerade Material ist in unserer Überflussgesellschaft überall zu finden. Gegenstände die der Mülltonne geweiht waren ermöglichen außerordentliches. Natürlich wird mit zertifiziertem Ökostrom produziert.
In Holland beschäftigte sich Martine Postma mit der „geplanten Obsoleszenz“ aus Industrie und Wirtschaft. Dabei handelt es sich um eine von manchen Herstellern eingesetzte Methode bei Geräten bewusst Sollbruchstellen einzubauen. Der Hersteller kann so den Zeitpunkt eines Gerätedefektes frei bestimmen. Sie gründete als Gegenbewegung die Stiftung Repair Café (Stichting Repair Café, http://repaircafe.nl). In Repair Cafés treffen sich Menschen aus der Umgebung um sich gegenseitig bei der Reparatur ihrer defekten Geräte zu helfen. Diese Idee hat jetzt auch in Deutschland Aufmerksamkeit erregt. Bei uns sind die rechtlichen Rahmenbedingungen anders, daher haben sich bei uns die Vereine dem Thema gewidmet und bieten zusätzlich zu ihrem Vereinsleben ein Repair Café an. Die „Dingfabrik“ (http://dingfabrik.de) in Köln startete das erste Repair Café in NRW gefolgt vom „Digitales Aachen e.V.“ (http://digitac.cc). Auch in Düsseldorf und anderen Städten wie Berlin, Hamburg oder München sind Repair Cafés entstanden. Die aktiven Repair Cafés veröffentlichen ihre Termine unter http://repaircafe.de.
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