„Wer sich in soziale Netzwerke begibt, muss sich auch darauf einlassen und gegebenenfalls Rede und Antwort stehen.“ Ulrich Lota im Interview über die Facebook-Aktion #Willkommen des Bistums Essen

Die Foto-Aktion #Willkommen auf der Facebook-Fan-Seite des Bistums Essen setzte im Netz ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit. Neben tausenden positiven Reaktionen gab es in den Kommentaren auch Kritik an der Kampagne, Anfeindungen gegen die Kirche und Hassrede gegen Flüchtlinge. Ulrich Lota, Leiter der Stabsstelle Kommunikation im Bistum Essen, erklärt im Gespräch mit NRW denkt nach(haltig), warum man sich für die Aktion und den proaktiven Umgang mit der Kritik entschieden hat.

Aus dem Foto-Album „#Willkommen“ der Fan-Seite des Bistums Essen

Aus dem Foto-Album „#Willkommen“ der Fan-Seite des Bistums Essen

Die Facebook-Aktion „#Willkommen“ setzte im Netz ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit. Wie kam es zur Idee dies als Fotoaktion in dieser Art und Weise zu gestalten und wen wollten Sie erreichen?
Ausgangspunkt für die Aktion war unsere Wahrnehmung, dass soziale Netzwerke immer mehr zu einem Ort werden, an dem Menschen mit fremdenfeindlichen und rechtsradikalen Äußerungen gegen andere Menschen hetzen. Gegen diese Hetze, insbesondere gegen Flüchtlinge, wollte unser Team ein Zeichen des Willkommens setzen. Bewusst haben wir uns dabei für eine einfache Geste entschieden, um die Hemmschwelle zur Beteiligung möglichst niedrig zu halten. Ein Foto drückt sehr viel mehr aus, als irgendwelche großartigen Statements. Wir wollten Menschen so die Chance geben, Gesicht zu zeigen und für ein klares Willkommen einzutreten.

Das Facebook-Fotoalbum wurde mittlerweile über 1.300 Mal geteilt und erhielt über 2.000 Likes. In den etwa 300 Kommentaren finden sich aber auch Angriffe, gegen Flüchtlinge und gegen die Kirche. Hatten Sie mit einer so großen Zahl an Reaktionen und auch mit der Kritik gerechnet?
Ein klares Nein. Wir sind von der hohen Beteiligung und der Viralität überrascht worden. Damit hatten wir nicht gerechnet. Es hat uns natürlich gefreut, wie sich die Aktion weiter verbreitet hat und wie sie auch in anderen Communitys beworben wurde. Natürlich haben wir auf viele positive Reaktionen gehofft und auch erwartet, dass wir von einigen als „Gutmenschen“ kritisiert werden. Dass es dann aber in der Kritik so „dicke“ kam, war auch für uns eine Überraschung. Viel mehr als die Angriffe gegen uns hat uns aber schockiert, wie gegen die Menschen gehetzt wird, die vor Krieg und Terror geflüchtet sind.

Auf viele kritische und auch auf offen fremdenfeindliche Kommentare haben Sie in Antworten reagiert. Warum haben Sie sich für diese Strategie entschieden?
Diese Strategie verfolgen wir nicht nur bei dieser Aktion, sondern für unser Team gilt allgemein: Wer sich in soziale Netzwerke begibt, muss sich auch darauf einlassen und gegebenenfalls Rede und Antwort stehen. Unsachliche Kritik einfach stehen zu lassen geht nicht. Deshalb haben wir auch keine Kommentare gelöscht, sondern stets versucht, angemessen zu reagieren – auch wenn es manchmal schwer fiel. In unserem Bistum ist immer Platz für einen offenen Diskurs, auch wenn man Manches nur schwer ertragen kann. Wir wollten die negativen Reaktionen nicht ausblenden, sondern haben versucht, sachliche Antworten auch auf dumme Kommentare und blöde Fragen zu geben. Schön war es zu sehen, dass dann auch die  Community selbst reagierte und sich viele Facebook-Nutzer in den Diskurs einschalteten. So wurden die fremdenfeindlichen Kommentare und rassistischen Hassreden mit einer eindeutigen Gegenmeinung konfrontiert.

Das Facebook-Team des Bistums ist klein. Hätten Sie diese Strategie weiter verfolgt, wenn aus den 300 Kommentaren 1.000 geworden wären?
Da kann ich ganz klar sagen: Das hätte an unserer Strategie nichts geändert. Auch wenn wir im Vorfeld nicht wussten, welche Reaktionen da aufschlagen, wir hätten bei noch mehr Kommentaren genauso verfahren. Das ist die Sache ja auch wert!

Sind weitere Online-Aktionen dieser Art geplant?
Aktuell ist da nichts geplant, aber bei einem so kleinen und kreativen Team weiß man ja nie. Natürlich verschicken wir auch weiter Pressemitteilungen und erreichen damit einen bestimmten Kreis, aber mit dem Auftritt in sozialen Medien können unsere Botschaften noch viele mehr Menschen erreichen und wir können sie viel direkter ansprechen.

Mehr Informationen zum Umgang mit Hassrede im Internet bietet das Themenspecial „Nachhaltige Kommentar-Kultur im Internet – Zusammen gegen Hate Speech“. Beim „Round Table“ zum Thema „Hate Speech“, der am 2. September im Grimme-Institut statt fand, diskutierten Journalist(inn)en, Social-Media-Manager und Pädagog(inn)en über ihre Erfahrungen mit Hassrede im Internet und Strategien zum Umgang mit der Problematik.

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