Wie macht man die Generation-60+ zu Online-Akteuren? – Rückblick zur re:campaign

Ein Gastbeitrag von Christina Quast, freie Journalistin

Foto: Christina Quast

re:publica oder re:campaign? Die Qual der Wahl, denn dieses Jahr sind die Web-Konferenzen in der STATION Berlin parallel über die Bühne gegangen: Um „die besten Kampagnen im Netz“ drehte sich die re:campaign, die selbst ein Update erhalten hat. Ein klassisches Programm am ersten Tag – die Sessions sind zum Nachhören bei Soundcloud finden – und ein Barcamp am zweiten Tag. Die Session „Wie und wo erreichen wir Wähler (oder Menschen) über 60 Jahre online“ hat sich Gastautorin Christina Quast live angeschaut.

Geschätzt 21,5 Millionen Menschen in Deutschland sind älter als 60 Jahre, aber nur 8,1 Millionen sind auch online – also weniger als die Hälfte. Eine Diskrepanz, vor allem wenn es um Kampagnen im Netz geht, weil diese einen wesentlichen Teil der Zielgruppe gar nicht erreichen. Obwohl sich gerade die Generation 60+ aus politisch aktiven Menschen zusammensetzt. Aus diesem Grund haben die Session-Besucher verschiedene Ideen und Erfahrungen diskutiert – eine systematisierte Zusammenfassung:

Online und Offline verknüpfen

Links zu Kampagnen-Websites und Social-Media-Profilen können vor allem überzeugen, wenn sie aus einer bekannten und vertrauenswürdigen (Offline)-Quelle stammen, beispielsweise dem eigenen Magazin der NGO oder der Lokalzeitung. Um auf Online-Kampagnen aufmerksam zu machen, sollten Links immer wieder in gedruckten Materialien genannt werden. Wichtig ist, dass die Links prägnant und leicht abzutippen sind.
Zusätzlich zu einer Kampagne im Netz sollte es immer auch Angebote „zum Anfassen“ geben: Orte für den persönlichen Kontakt zu NGO-Mitarbeitern oder anderen Aktivisten und physische Medien.

Design und Technik

Entsprechen die Online-Kampagnen eigentlich dem Stil und Geschmack älterer Menschen? Besonders hippe Konzepte sind für die Generation 60+ eventuell weniger beeindruckend als eine gut lesbare Schrift in anpassbarer Größe. Auch sollten die Websites technisch einfach gestaltet sein, weil ältere Menschen nicht unbedingt Geräte mit dem neusten Stand der Technik besitzen und bei Downloads von zusätzlicher Software zurückhaltend sind. Dazu kommt, dass die Generation 60+ größere Hemmungen hat persönliche Daten einzugeben und zu veröffentlichen als junge Menschen, die mit dem Web und den sozialen Medien aufgewachsen sind.

Ansprache der Zielgruppe

Die Websprache mit vielen englischen Ausdrücken, Abkürzungen und Emoticons, kann für ältere Menschen unverständlich und sogar abschreckend sein. Ein klassischer Schreibstil und eine etwas formellere Ansprache als das gängige bis übertriebene Duzen wirken eventuell angenehmer. Den richtigen Ton können vor allem NGO-Mitarbeiter, Autoren und Aktivisten aus der älteren Zielgruppe treffen.

Zum Schluss: die gute Nachricht

Menschen der Generation 60+ finden noch ins Netz, weil sie im Alter Zeit haben, dass Medium und seine Möglichkeiten zu entdecken. Oder sie werden durch die Familie und deren digitale Gewohnheiten motiviert: Ein Tablet als Geschenk oder die Enkel, die am besten per Skype und Facebook zu erreichen sind – schon ist das Interesse geweckt.

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